Punkt PC-2: Die gemeldeten Anrufe von Barbara Olson vom Flug AA 77

<< Vorheriger Punkt, Nächster Punkt >>

Einleitung

Den Amerikanern wurde zum ersten Mal mitgeteilt, dass Terroristen ein Linienflugzeug entführt hatten, als CNN über den U. S. Generalstaatsanwalt Theodore „Ted“ Olson berichtete, der erzählte, seine Frau, die bekannte Fernsehkommentatorin Barbara Olson, habe ihn zweimal von American Airlines Flug 77 angerufen und angegeben, Terroristen hätten das Flugzeugs in ihre Gewalt gebracht. Das wäre grob eine halbe Stunde, bevor dieses Flugzeug gemäß der offiziellen Geschichte in das Pentagon gestürzt ist.

Die offizielle Darstellung
Ted Olson berichtete laut CNN, dass seine Frau ihn „zweimal mit einem Handy von Flug American Airlines 77 aus angerufen habe“ und ihm mitteilte, dass „alle Passagiere und das Bordpersonal einschließlich der Piloten von bewaffneten Entführern“, die „Messer und Teppichmesser“ hatten, in den hinteren Teil des Flugzeug gedrängt wurden. [1]

Obwohl Olson CNN ursprünglich mitgeteilt hatte, seine Frau habe ein Handy benutzt, heißt es in der Zusammenfassung seiner Befragung durch das FBI am 11. September: „[Mr. Olson] weiß nicht, ob die Anrufe mit [Barbara Olsons] Handy oder dem Flugzeugtelefon gemacht wurden.“ [2] Doch bei einem Interview am 14. September bei [der TV-Show] Hannity & Colmes, gab Olson an, seine Frau hätte ihn mit dem „Flugzeugtelefon“ im Justizministerium erreicht. [3] Ted Olson wechselte auch weiterhin zwischen diesen beiden Versionen. [4]

In jedem Fall dauerte der erste Anruf seiner Frau, so Olson gegenüber dem FBI, „etwa eine Minute“. [5] Larry King sagte er, der zweite Anruf habe „zwei oder drei oder vier Minuten“ gedauert. [6]

Der Bericht der Untersuchungskommission (2004) gab an, dass das FBI und das Justizministerium glaubten, es habe tatsächlich insgesamt vier Anrufe von Barbara Olson gegeben. [7]

Die „Besten Beweise

Die Geschichte über Barbara Olsons Angaben zur Entführung von Flug AA 77 bildete die Grundlage für den offiziellen Bericht zum 11. September. Diese grundlegende Rolle wird erklärt durch die Tatsache, dass – obwohl es weitverbreitet war, die Entführer hätten Teppichmesser gehabt – diese Vorstellung allein von Ted Olsons Bericht über die Anrufe seiner Frau stammte. Auf jeden Fall gab es trotz der grundlegenden Rolle der Olson-Geschichte drei ernsthafte Probleme hinsichtlich der Glaubwürdigkeit:

  1. Ein Problem ist, dass sich zwar Ted Olson sich nicht entscheiden konnte, ob seine Frau nun ein Flugzeugtelefon oder ein Handy benutzt hatte, dass sie aber weder das eine noch das andere verwendet haben konnte:
    • Das FBI schloss 2004 die Möglichkeit aus, dass Barbara Olson ein Handy verwendet haben könnte, indem es feststellte: „Alle von Flug 77 abgehenden Anrufe gingen über die Telefonanlage an Bord der Maschine.“ [8]
    • Es ist auch belegt, dass Barbara Olson die Anrufe, die ihr im Abschlussbericht der Untersuchungskommission zugeschrieben wurden, nicht gemacht haben kann: Es handelt sich hierbei um die Angaben, die im Burnett-Abschnitt von Konsenspunkt PC-4: „Mobiltelefon-Anrufe aus den Flugzeugen: Die zweite offizielle Darstellung“ gemacht wurden, nämlich dass es die Mobilfunktechnologie im Jahr 2001 nicht erlaubte, von diesem Flugzeug aus mit dem Handy zu telefonieren. [9]
    • Der Beweis dafür, dass Barbara Olson kein Flugzeugtelefon benutzt haben konnte, um von Flug AA 77 aus anzurufen, findet sich in der Luftfahrzeug-Wartungsanleitung für die Boeing 757 (757 AMM) vom 28. Januar 2001. Im ersten Satz heißt es: „Die Telefonanlage für Passagiere wurde durch ECO FO878 deaktiviert.“ (ECO F1463 und F1532 waren spätere Anweisungen, die Telefone zu entfernen.) Die Boing-Wartungsanleitung dokumentiert also, dass – mit anderen Worten – spätestens bis 28. Januar 2001 die Telefonanlagen für Passagiere der Boeings 757 von American Airlines deaktiviert wurden. [10]
    • Dass es Olson unmöglich war, ein Flugzeugtelefon zu benutzen, wird durch Aussagen eines Piloten und einer Flugbegleiterin bekräftigt.
      • Nachdem er als Kampfpilot gedient und die Fliegerwaffenschule der U. S. Marine besucht hatte, war Kapitän Ralph Kolstad 27 Jahre lang als Fluglinienpilot tätig, von denen er 13 Jahre lang Boeings 757 und 767 für American Airlines flog. Er schrieb: „ … Die sogenannten ‚Flugzeugtelefone‘ wurden Anfang oder Mitte 2001 … deaktiviert. Sie waren schon einige Zeit vor September 2001 deaktiviert worden.“ [11]
      • Flugbegleiterin Ginger Gainer berichtete, dass die Boeings 757, die auf internationale Flüge vorbereitet wurden, Aufkleber auf den Telefonen an den Rückenlehnen hatten, „auf denen stand, dass sie nicht funktionierten“ und fügte dann hinzu: „Ich fragte einige aktive und ehemalige Flugbegleiter bei American Airlines … die auf Inlandsflügen unterwegs waren … und sie sagten alle, sie erinnerten sich daran, dass die Telefone zu jener Zeit entweder außer Betrieb oder entfernt worden waren.“ [12]
    • Es gibt noch einen Grund, die Behauptung, Barbara und Ted Olson hätten an jenem Morgen telefoniert, mit Skepsis zu betrachten: Weder die Unterlagen der Telefongesellschaft noch die Verbindungsnachweise des Justizministeriums oder die Verbindungsnachweise von Barbara Olsons Handy wurden jemals veröffentlicht, obwohl es jede Menge Diskussionen bezüglich der Echtheit der angeblich von ihr vorgenommenen Anrufe gab. [13]
  2. Ein zweites, schwerwiegenderes Problem ist der Widerspruch der Olson-Geschichte mit der Darstellung des FBI von 2006 im Prozess von Zacarias Moussaoui. Im Bericht über die Anrufe von Flug AA 77 erwähnt das FBI einen Telefonanruf von Barbara Olson (nicht zwei) und gibt an, dass dieser Anruf „nicht verbunden“ wurde, also „0 Sekunden“ dauerte. [14] Dies widersprach also Ted Olsons Aussage, seine Frau hätte ihn zweimal angerufen und der erste Anruf hätte „etwa eine Minute“ und ein Weiterer „zwei oder drei oder vier Minuten“ gedauert. [15]
  3. Ein drittes Problem besteht darin, dass Barbara Olsons Geschichte, so wie sie von ihrem Mann erzählt wurde, schlichtweg unplausibel ist. Laut dieser Story wurden 60 Passagiere – unter ihnen der Pilot Charles „Chic“ Burlingame, ein ehemaliger Marinepilot, Gewichtheber und Boxer [16] – im hinteren Teil des Flugzeugs von drei oder vier Entführern (einer oder zwei würden sich im Cockpit aufgehalten haben) festgehalten. Die angeblichen Entführer waren aber, wie aus dem Dokument eines Mitarbeiters der Untersuchungskommission hervorgeht, „körperlich nicht beeindruckend, da die meisten von ihnen etwa 1,65 bis 1,75 m groß und schmächtig waren“. [17] Wenn diese kleinen Männer nur mit Messern und Teppichmessern bewaffnet waren, hätten die Piloten und Passagiere sie leicht überwältigen können.
Fazit

Obwohl Ted Olson von zwei Anrufen seiner Frau berichtete und die Untersuchungskommission ihr vier Anrufe zuschrieb, zeigen die „Besten Beweise“ drei Probleme hinsichtlich der offiziellen Darstellung auf. Diese Probleme in umgekehrter Reihenfolge betrachtet führen zu der folgenden dreifachen Schlussfolgerung:

  1. Barbara Olsons Angaben zu dem, was an Bord von AA 77 geschah, so wie sie von ihrem Mann geschildert wurden, sind unplausibel.
  2. Die Darstellung des FBI zu den Anrufen von Flug AA 77 zeigt, dass sie ihren Mann von diesem Flug aus nicht erreicht hatte.
  3. Verschiedene Angaben belegen, dass sie ihren Mann von Flug AA 77 aus nicht hätte anrufen können. [18]

<< Vorheriger Punkt, Nächster Punkt >>

Quellenangaben für Punkt PC-2
Tim O’Brien: „Wife of Solicitor General Alerted Him of Hijacking from Plane [etwa: Frau des Generalstaatsanwalts schilderte Entführung vom Flugzeug aus]“, CNN, 12. September 2001, 2:06 Uhr. Obwohl dieser Artikel, wie man ihn jetzt in den CNN-Archiven finden kann, darauf hinweist, dass er am 12. September um 2:06 Uhr gepostet wurde, erschienen Beiträge zu dieser Geschichte in Blogs bereits um 15:51 Uhr am 11. September (siehe hier und hier).
9/11/2001: FD-302, Interview with Theodore Olsen [sic] (re: phone call from hijacked flight)“, Untersuchungskommission zu den Anschlägen des 11. Septembers, Originaldokumente des FBI, Chronologisch, 11. September 2001, Intelwire, 14. März 2008
Hannity & Colmes, Fox News, 14. September 2001
Ted Olson erzählte die Handy-Version wieder bei CNN, Larry King Live am 14. September 2001. Er sprach von der Version des Telefons in der Rückenlehne bei drei weiteren Gelegenheiten: Hannity & Colmes, Fox News, 14. September 2001; Theodore B. Olson, „Barbara K. Olson Memorial Lecture“, 16. November 2001, Federalist Society [for Law and Public Policy Studies, eine „bekannte konservative“ Juristenvereinigung – A. d. Ü.], 15th Annual National Lawyers Convention (etwa: 15. Nationale Jahrestagung der Juristen); und Toby Harnden: „She Asked Me How to Stop the Plane“, Daily Telegraph, 5. März 2002.
Interview with Theodore Olsen [sic], Untersuchungskommission zu den Anschlägen vom 11. September, Originaldokumente des FBI, Chronologisch, 11. September 2001, Intelwire, 14. März 2008
America’s New War: Recovering from Tragedy“, CNN, Larry King Live, 14. September 2001.
Die ersten drei der vier Barbara Olsen laut Abschlussbericht der Untersuchungskommission (Seite 455, Anmerkung 57) zugeschriebenen Anrufe fanden, ebenso wie die angeblichen Anrufe von Tom Burnett bei seiner Frau, weit über einer Höhe statt, in der Handy-Anrufe vielleicht noch möglich gewesen wären (Nationale Verkehrssicherheitsbehörde [NTSB]; „Flight Path Study, American Airlines Flug 77“, 19. Februar 2002). Und der vierte Anruf (von der Untersuchungskommission wurde eine Dauer von 4 Minuten und 20 Sekunden angegeben), wurde um 9:30:56 Uhr eingewählt, als sich Flug AA 77 sehr unregelmäßig in einer Höhe zwischen 1.500 und 1.800 m auf und ab bewegte (siehe ebenfalls „NTSB Flight Path Study, AA 77“ [NTSB-Untersuchung zur Flugroute von AA 77]).
E-Mails an Rob Balsamo und David Griffin, 22. Dezember 2009
Brief von Ginger Gainer an David Griffin, 16. Februar 2011. Das Anbringen von Aufklebern auf deaktivierten Telefonen, um auf die Funktionsuntüchtigkeit hinzuweisen, wurde Elizabeth Woodworth telefonisch durch einen ehemaligen Mechaniker bei American Airlines am 7. Januar 2013 bestätigt. Die Zeit, die nötig wäre, um die Telefone nach Anweisung ECO FO878 zu deaktivieren (durch Abschalten und Fixieren der Sicherungen), schätzte dieser Mechaniker auf 20 bis 30 Minuten.
Siehe Anmerkung 15, unten.
Vereinigte Staaten gegen Zacarias Moussaoui, Beweisstück P200054 der Anklage. Dieser FBI-Bericht über die Anrufe von Flug AA 77 aus kann leichter in einem Artikel von Jim Hoffman, „Detailed Account of Phone Calls from September 11th Flights“ eingesehen werden.
Während Ted Olsen sagte, seine Frau habe ihn zweimal angerufen, gaben das Justizministerium und das FBI im Jahr 2006 an, dass sie gemäß den Verbindungsnachweisen nur einen Versuch machte ihn anzurufen, der aber scheiterte. Die Unterlagen des Justizministeriums geben aber auch an, dass es drei Gesprächsverbindungen gab, die allerdings von einem unbekannten Anrufer an einen unbekannten Teilnehmer gingen, und sowohl das Justizministerium als auch das FBI hatten – bevor sie ihr beeidetes Beweismaterial im Moussaoui-Prozess 2006 einbrachten – erklärt, dass sie glaubten, alle drei seien Anrufe Barbara Olsens bei ihrem Mann gewesen. Siehe vorherige Anmerkung sowie die Aktennotiz des Justizministeriums, „Briefing on cell and phone calls from Flight 77“ vom 20. Mai 2004. Hinsichtlich der Frage, ob die Behauptung mehrfacher Anrufe ernst zu nehmen sei, ist es seltsam, dass die Ermittler, die sich sehr bemühten, die von Flug 77 aus angerufenen Personen zu identifizieren, nicht in der Lage gewesen sein sollen, die Personen ausfindig zu machen, die über AT&T Wireless (Mobilfunkunternehmen) über die Vermittlung vier längere Anrufe von Flug 77 aus erhielten. Die Angaben des Justizministeriums über die Anrufe aus Flug 77 stammen aus „einer Untersuchung aller Verbindungsnachweise des Flugs, einer Überprüfung der Mobilfunknachweise von allen am 11. September an Bord von 9/11 [sic] befindlichen Passagieren, die Handys besaßen, und Interviews mit denjenigen, die von dem Flug aus Anrufe erhielten, sowie mit Familienangehörigen anderer Passagiere und der Crew. Diese Arbeiten wurden zur Unterstützung des U. S. Justizministeriums im Fall gegen Zacarias Moussaoui durchgeführt.“ Diese Fußnote stammt aus Elizabeth Woodworths „9/11: What the Telephone Records Reveal about Calls from AA Flight 77: Did Barbara Olson Attempt Any Calls at All? [etwa: Was die Verbindungsdaten über Anrufe von Flug A77 aus enthüllen: Machte Barbara Olson auch nur einen Versuch zu telefonieren?]“ 16. September 2011.
Shoestring 9/11 (Internet-Blog): „The Flight 77 Murder Mystery: Who Really Killed Charles Burlingame? [etwa: Das Mord-Rätsel von Flug 77: Wer tötete C.B. wirklich?]“ 2. Februar 2008.
Staff Statement No. 16: Outline of the 9/11 Plot“, Untersuchungskommission zu den Anschlägen am 11. September, 16. Juni 2004.
Die Hinweise belegen nur, dass Barbara Olsen Ted Olsons Büro nicht von Flug AA 77 aus anrief. Diese Schlussfolgerung lässt die Möglichkeit offen, dass in Ted Olsons Büro Anrufe eingegangen sind, die Personen in diesem Büro für Anrufe von Barbara Olsen gehalten haben, die sich zu der Zeit auf Flug AA 77 befand. Eine Unterscheidung ist hier wichtig,

  1. weil es Hinweise gibt, dass Lori Keyton, die Sekretärin in Ted Olsons Büro, an jenem Morgen zwei Anrufe für ihn entgegennahm (siehe Interview mit Lori Lynn Keyton, Sekretärin, U. S. Justizministerium, 11. September 2001) und
  2. dass diese Anrufe an Ted Olsons Sonderbeauftragte, Helen Voss weitergeleitet wurden (siehe Interview mit Helen Voss, Sonderbeauftragte des Generalstaatsanwalts, 11. September 2001). Die Frage, wie diese Anrufe tatsächlich gemacht wurden, kann durch öffentlich zugängliche Belege anscheinend nicht ausreichend beantwortet werden.

 

Kommentare sind geschlossen